Beim RP-Forum „Sicherheit in Deutschland“ berichtet der Kölner Polizeipräsident Uwe Jacob von einer bezeichnenden Begebenheit: Einer besorgten Bürgerin erklärt er im Detail die Statistiken, die einen Rückgang verschiedener Straftaten belegen. Reaktion der Gesprächspartnerin: „Aber Sie können doch meine Angst nicht wegdiskutieren.“ Hier liegt offensichtlich ein Knackpunkt, eine Divergenz zwischen Wahrnehmung und Sachzusammenhängen. Dass das Sicherheitsgefühl häufig so dramatisch schlecht sei, während die Zahl der Straftaten jährlich sinkt, nimmt Innenminister Reul ebenfalls wahr. „Ändern lässt sich dies nur über Fakten. Aber es dauert lange, bis sich das durchsetzt.“
Als eine Ursache machen die Sicherheitsexperten die Kommunikation aus. Auf der einen Seite eine „Anarchie der Kommunikation“, die der Essener Polizeipräsident Frank Richter insbesondere in Sozialen Medien ausmacht, eine „laute Minderheit, die als Mehrheit wahrgenommen wird“ (Uwe Gerstenberg, consulting plus Sicherheit), auf der anderen Seite aber auch mangelnde Kommunikation. „Wir haben nicht genug über die innere Sicherheit gesprochen“, räumt Richter ein, „die Menschen spüren das“.
Nun stellt sich die Frage: „Wie können wir auf das subjektive Sicherheitsgefühl mehr Einfluss nehmen?“ An den Fakten liege es ja oft nicht, sagt Norbert Wesseler, Polizeipräsident in Düsseldorf. Einen wichtigen Ansatz sieht Christian Kromberg (Stadt Essen) in einer persönlichen und authentischen Kommunikation. Menschen aus Politik, Verwaltung, Polizei und Sicherheitsfirmen müssten als glaubwürdige Persönlichkeiten zum Beispiel in Bürgerversammlungen für ihre Themen einstehen, „das schafft Vertrauen“. Wichtig sei hier auch eine sichtbar stärkere Präsenz der Ordnungskräfte, stellen die Experten fest.
Stefan Bisanz (consulting plus Beratung) nennt hier als Beispiel die jüngsten Aktionen gegen Clan-Kriminalität. „Sie existiert seit Jahrzehnten, aber jetzt liegen Daten über Anzahl und Straftaten vor.“ Kromberg warnt allerdings vor einer „Vergeblichkeitsfalle“: Wenn mehr für Sicherheit getan wird, könnte auch der Eindruck entstehen, dass es mehr Ursachen dafür gibt.
Alle Kommunikationsbemühungen werden aber nicht reichen, wenn sich nicht auch die schweigende Mehrheit äußere, meint Reul. Immerhin zeigt hier die RP-Umfrage „Wie sicher ist Deutschland?“ ein differenziertes Bild (siehe Artikel „RP-Leser wollen mehr Polizei und null Toleranz“). Auch der Innenminister zeigte sich überrascht über die dort geäußerten positiven Angaben zum Sicherheitsgefühl. „Das spricht dafür, dass die Arbeit, die auf dem Gebiet gemacht wird, so schlecht nicht ist.“
Von Jürgen Grosche
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