Sicherheit

Wie sicher sind unsere Fußballstadien?

Die Kosten für die Sicherheit in den Fußball-Stadien sind in den vergangenen Jahren gestiegen – und mit ihnen auch die Anforderungen.

Wenn die Fußballmannschaften von Werder Bremen und der Hamburger SV aufeinander treffen, dann ist das Nord-Derby nicht nur aus sportlicher Sicht brisant – das Spiel ist eines der insgesamt 54 Begegnungen in den beiden höchsten deutschen Profiligen, die als „Hochrisikospiele“ eingestuft werden. Nennenswerte Ausschreitungen hat es angesichts der hohen Sicherheitsmaßnahmen und des großen Polizeiaufgebots beim 102. Nord-Derby im Jahr 2015 zwar nicht gegeben, dafür gab es erstmals in der Geschichte des Profifußballs in Deutschland einen saftigen Gebührenbescheid. Das Land Bremen forderte von der Deutschen Fußball- Liga (DFL) über 425.000 Euro an Gebühren für die Kosten des Polizeieinsatzes.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht gewann das Land eine Klage der DFL, seitdem sind die Sicherheitsmaßnahmen in den Fußballstadien und ihre Kosten noch stärker in das Licht der Öffentlichkeit gerückt. „Die Anforderungen an die Sicherheit in den Fußballstadien, aber auch bei anderen großen Events werden immer größer“, bestätigt Dirk Dernbach. Er ist Geschäftsführer der Securitas Sport & Event GmbH in Düsseldorf, eine auf solche Events spezialisierte Einheit bei Deutschlands größtem Sicherheitsdienstleister im privaten Sicherheitsgewerbe. Bei unserem Besuch am Securitas- Standort im Düsseldorfer Stadtteil Rath sprechen wir mit Dirk Dernbach und Daniel Schleimer, Geschäftsführer der Securitas NRW Services GmbH, über die Herausforderungen, die gerade die privaten Sicherheitsdienste bei solchen Veranstaltungen zu meistern haben. „Für jedes Stadion gibt es ein Sicherheitskonzept. Die Polizei ist dabei aber nur ein Bestandteil, denn es sind immer verschiedene Institutionen an der Sicherheit eines Fußballspiels beteiligt – von der Feuerwehr über das Rote Kreuz bis hin zum privaten Sicherheitsdienstleister“, stellt Dernbach klar. Und auch, wer im Stadion die Verantwortung hat: der Veranstalter.

Die Vereine sind es in der Regel, die für die Ordnung im Stadion private Sicherheitsdienste wie Securitas beauftragen. Das passiert inzwischen immer häufiger. Dirk Dernbach weiß, warum: „Die Ansprüche sind gewachsen und damit auch die Anforderungen an die Qualifikation der Ordner.“ Securitas selbst hat 2003 mit dem Stadiongeschäft begonnen und gründete seinerzeit gemeinsam mit Bayer Leverkusen die BaySecur. Mittlerweile gehört das Unternehmen komplett zu Securitas, die mit ihrer Sport &Event-Tochter inzwischen auch für andere Vereine für Ordnung in den Stadien sorgt. Mit Schalke 04, Borussia Dortmund, 1. FC Köln, Alemannia Aachen, Rot-Weiß Essen, Rot- Weiß Oberhausen und Borussia Mönchengladbach stehen berühmte Namen auf der Kundenliste.

Doch kommen wir zurück zur Qualifikation. Hier gibt es zumindest bei Securitas klare Vorstellungen. „Für das Fußballstadion setzen wir speziell geschultes Personal ein, um den Aufgaben dort gerecht zu werden. Eine Sicherheitskraft vom Flughafen kann nicht mal eben die Kontrolle in einem Fußballstadion übernehmen“, argumentiert der Geschäftsführer. Er legt sehr viel Wert darauf, dass Securitas-Mitarbeiter mehr als die gesetzlichen Anforderungen erfüllen müssen. Mindeststandard für das Bewachungsgewerbe ist eine Unterrichtung bei den Industrie- und Handelskammern, die rund 40 Stunden umfasst. „Eine Prüfung am Ende der Unterrichtung ist zwar keine Pflicht, doch mittlerweile bieten fast alle Kammern eine solche Prüfung an“, so Dernbach.

Für den Einsatz in den sicherheitsrelevanten Bereichen im Stadion reicht das Securitas nicht aus – und auch dem Deutschen Fußball-Bund nicht. Speziell für die Ordnungsdienste in den Stadien der 1. bis 3. Liga hat der DFB ein Programm „Qualifizierung Sicherheits- und Ordnungsdienste (QuaSOD)“ gestartet: In 22 Stunden in neun Modulen wird hier unter anderem gelehrt, wie mit Pyrotechnik umgegangen werden muss, wie Konfliktsituationen gelöst werden oder ein Stadion entfluchtet wird. Die Lehrgangsinhalte setzen sich aus E-Learning und Präsenzschulungen zusammen und enden mit einer Prüfung durch den DFB. Bei Securitas ist die Teilnahme an diesem Programm für ihre Mitarbeiter Pflicht. „Mit dem Bundesverband der Sicherheitswirtschaft sind wir uns zudem einig, dass solche Schulungsanforderungen für alle Veranstaltungen Pflicht sein sollten.“

In der Realität klafft allerdings zwischen den steigenden Anforderungen und der Vergabe von Sicherheitsdienstleistungen oft eine große Lücke. Denn auf dem Markt für private Sicherheitsfirmen tummeln sich inzwischen rund 6500 Anbieter, für manche davon spielen Schulungen eine allenfalls untergeordnete Rolle. Diese Erfahrung machen die beiden Securitas- Geschäftsführer immer wieder. „Bei öffentlichen Ausschreibungen spielt in 90 Prozent der Fälle der Preis die entscheidende Rolle, nicht die Qualifikation des eingesetzten Personals“, beklagt sich Daniel Schleimer.

Die beiden Fachleute kritisieren zudem, dass oftmals auch Leistungen ausgeschrieben werden, „bei denen wir noch nicht einmal ein Angebot erstellen können, weil etwa nicht klar ist, ob ein Sicherheitskonzept für eine Veranstaltung überhaupt existiert“. „Kaum jemand macht sich Gedanken darüber, ob Qualität und Quantität von dem betreffenden Unternehmen überhaupt geleistet werden können“, so Dirk Dernbach. Die Konsequenz: „Viele etablierte Unternehmen sagen bei Ausschreibungen ab, den Auftrag bekommen dann oft Anbieter, die nicht in der Lage sind, das erforderliche Personal zu stellen. Diese setzen dann zusätzlich Subunternehmen ein, die wiederum vielfach Mitarbeiter ohne Qualifikation einsetzen.“

Daniel Schleimer wünscht sich daher auch bei Ausschreibungen mehr Dialog mit den Auftraggebern, um auch die Expertise der privaten Sicherheitswirtschaft darin einfließen zu lassen. Und: „Der Einsatz von qualifizierten Mitarbeitern sollte bei allen Ausschreibungen verpflichtend sein und auch die Art der Qualifikation sollte vorgegeben sein“, fordert Dirk Dernbach. „Außerdem muss dafür Sorge getragen werden, dass die Unternehmen die Anforderungen auch aus eigener Kraft umsetzen können – und das muss überprüft werden.“

In den Fußballstadien selbst sind die Zuständigkeiten im Grunde klar verteilt. Der Veranstalter ist für die Sicherheit im Stadion verantwortlich und setzt dafür entsprechende Ordner ein. Für die öffentliche Sicherheit, in der Regel außerhalb des Stadions, ist die Polizei zuständig. Dennoch könnte es in manchen Stadien in der Kommunikation zwischen den verschiedenen Institutionen wie Ordnungsdienst, Polizei, Feuerwehr und Sanitäter einfacher laufen. „In einigen Stadien gibt es zumindest einen Raum, in dem die Institutionen im Ernstfall zusammenkommen können“, so Dernbach. „Aber eine echte und schnelle Kommunikation zwischen allen Beteiligten findet kaum statt“, ergänzt Schleimer. „Das liegt vor allem daran, dass wir als privates Sicherheitsgewerbe als Dienstleister betrachtet werden und nicht als Teil der Sicherheitsarchitektur.“

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Kommentar

3 Kommentare

  • Die Fußballspiele für eine gewisse Zeit ausfallen lassen. Die anständigen Fans sollte eine solche Maßnahme mit Fassung tragen.
    Krawallmacher in ein Erziehungslager hinter dem Ural schicken. Folge Verlust des Arbeitsplatzes, der Wohnung und evtl.
    staatlicher Bezugsleistungen.

  • Fußball ist nur eine Sportart wie viele
    andere auch! Die Kostenübernahme für Sicherheit, ist nicht von der Allgemeinheit zu tragen. So sehe ich das.🤔

  • Man könnte der Feuerwehr erlauben, mit C-Rohren die Bengalows zu „löschen“.